»You don't take a photograph, you make it.«
Pierre Bischoff 2017 auf der Giro d'Italia Strecke.
Dekonstruktion eines Bildes
In diesem Blogbeitrag zeige ich ein Bild und erzähle die Entstehungsgeschichte dazu. Zum Schluss gibt es natürlich wieder ein paar Fototipps...
Das Bild zeigt den deutschen Ultraradfahrer Pierre Bischoff. Er hat 2018 das Red Bull Trans Siberian Extreme gewonnen, wurde 2017 Weltmeister auf der Langdistanz, hat 2016 das Race Across America gewonnen und hat noch so einige andere Titel in seinem Palmarès...
Wir waren bereits seit Sonnenaufgang in der Umgebung seiner Wahlheimat Nauders (A) unterwegs, unterdessen am Stilfserjoch angekommen und die Sonne war auch schon untergegangen. Ich wollte noch ein etwas dramatisches Bild von ihm, das seine Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit zum Ausdruck bringt.
Ein frontaler Mitzieher schien mir dazu sehr geeignet. Das heisst, ich stellte bei meiner Kamera eine Verschlusszeit ein, die so langsam ist, dass man die Bewegung des Subjekts sehen kann und bewegte die Kamera dann mit Pierre mit. Ein guter Anhaltspunkt ist stets, die Geschwindigkeit des Subjekts zu schätzen und davon den Umkehrwert zu nehmen (also bei einem Subjekt, dass sich mit ca. 30 km/h bewegt, würde ich mit 1/30 s Verschlusszeit zu probieren beginnen). Meistens macht man seitliche Mitzieher, die insofern einfacher sind, als man dabei etwas mehr Bewegunsspielraum mit der Kamera hat. Da das Ganze auch Glücksache ist, stellt man die Kamera am besten auf eine schnelle Serienbildaufnahme, so kann man die Wahrscheinlichkeit eines "scharfen" Fotos steigern. Allgemein ist dies eine sehr beliebte Technik für Actionsport- und Sportfotografie.
Das spezielle an der Stilfserjochpassstrasse ist, dass in Jahren, in welchen der Giro d'Italia über den Pass führt, ganz viele Anfeuerungsbotschaften von Fans auf die Strasse geschrieben werden. Ich hatte sofort eine Vorstellung von einem kontrastreichen, grafischen Schwarz-Weiss-Bild mit diesen Botschaften im Kopf. Doch, wie konnte ich möglichst viel von der Strasse zeigen? Dafür müsste ich irgendwo höher stehen können... Glücklicherweise hatte ich als Vorbereitung für dieses Shooting eine Klappleiter in mein Auto gepackt, um die ich jetzt natürlich sehr froh war!
Das eigentliche Shooting lief dann so ab, dass ich meine Leiter in der Mitte der Strasse aufbaute, mich darauf stellte, ganz gut hören musste, ob keine Autos kommen – und falls ja, sofort von der Leiter springen und diese zum Strassenrand nehmen musste – und Pierre ganz nahe im Wiegetritt an mir vorbeifuhr. Nach einige Versuchen hatten wir mein Wunschbild im Kasten und konnten zum Pizzaessen fahren.
Aus dieser Geschichte lassen sich folgende Fototipps ableiten:
- Techniken wie Mitzieher (Panning shot) muss man üben, üben, üben! (Aber wenn es nicht zu hell ist, funktioniert es sogar mit dem Smartphone.)
- Sich stets genau überlegen, welche Perspektive am interessantesten ist und welchen Standpunkt es braucht, um diese zu zeigen. (Möchte ich viel Boden/Himmel zeigen? Und wo muss ich dafür hoch/tief stehen?)
Eine sehr gute Möglichkeit, die eigene Fotografie weiter zu bringen, ist es, sich bei Bildern, die einem ansprechen, ganz genau zu überlegen, wie sie gemacht wurden. Wo stand der Fotograf? Welche Verschlusszeit könnte ungefähr benützt worden sein? Welche Blende? Welches Objektiv (Brennweite) wurde benutzt? Wo stand die Sonne (oder eine künstliche Lichtquelle)? Was gefällt mir besonders an dem Bild? Die Stimmung? Die Farben? Der Bildaufbau?
(Die genauen EXIF-Daten zum Bild stehen unterhalb des Bildes. Wie gut war die persönliche Schätzung?)
Hier gibt es mehr Infos über Pierre Bischoff.